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Mentale Modelle von Datenschutz und Privatheit in digitalen Ökosystemen

Um die Wahrnehmung der Nutzenden bezüglich des Datenschutzes und dessen Einfluss auf ihre Privatsphäre in digitalen Ökosystemen zu erforschen, wurde eine qualitative Interviewstudie durchgeführt. Dabei wurden 50 Personen zu Themen rund um Datenschutz und Privatsphäre in den Bereichen Gaming, Online-Shopping, Social Media, Dating und Videostreaming befragt. In Gesprächen von durchschnittlich einer Stunde wurden die Teilnehmenden gefragt, welche Rolle Datenschutz bei der Wahl eines bestimmten Anbieters und dessen Nutzung spielt, anhand welcher Kriterien sie den Schutz ihrer Privatsphäre in einem digitalen Ökosystem bewerten und welche Maßnahmen sie zur Verbesserung ihrer Privatsphäre für notwendig erachten.

Assoziationen zum Begriff Datenschutz

Teilnehmende äußerten unterschiedliche Assoziationen zum Begriff Datenschutz, wobei häufig rechtliche Vorgaben und der Schutz vor Datenmissbrauch durch Dritte genannt wurden. Es wird deutlich, dass Datenschutz oft als abstraktes Konzept wahrgenommen wird, das nicht immer als effektive Unterstützung im digitalen Alltag gesehen wird, was zu Zweifeln an seiner Wirksamkeit führt.

Auf die Frage nach spontanen Assoziationen mit dem Begriff Datenschutz gaben die Teilnehmenden unterschiedliche Antworten. Oft bezogen sich die Befragten auf Richtlinien oder Gesetze, die von Unternehmen eingehalten werden müssen. Ihr Hauptanliegen war, sich vor der Weitergabe persönlicher Daten oder deren unzulässiger Nutzung durch Dritte zu schützen. Als konkretes Beispiel nannten einige Teilnehmende Werbemaßnahmen, sei es in Form von E-Mails oder personalisierten Anzeigen innerhalb des digitalen Ökosystems.

Die Teilnehmenden äußerten, dass Datenschutz ihnen hilft, sich gegen unerwünschte Werbung zur Wehr zu setzen, wenn sie sich dadurch belästigt fühlen. Allerdings wurden mit dem Begriff „Datenschutz“ nicht immer Maßnahmen assoziiert, die den Nutzenden in der digitalen Welt aktiv helfen oder schützen könnten. Während einige Teilnehmende nicht das Gefühl hatten, vom Datenschutz betroffen zu sein, weil sie bei der Nutzung von Online-Diensten nichts zu verbergen hätten, verbanden andere den Datenschutz sofort mit den langen und komplizierten Datenschutzerklärungen. Lediglich drei Befragte hoben hervor, dass der Datenschutz Kontrolle und Transparenz hinsichtlich der Datenverarbeitung durch das digitale Ökosystem bieten sollte.

Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Datenschutz häufig als ein abstraktes rechtliches Konzept wahrgenommen wird, das darauf abzielt, die Verbreitung von Daten außerhalb eines digitalen Ökosystems zu verhindern. Daher ist es nicht überraschend, dass einige Befragte an der Effektivität des Datenschutzes zweifelten, insbesondere aufgrund hochkarätiger Skandale wie dem Datenmissbrauch durch Cambridge Analytica.

Privatsphäre in digitalen Ökosystemen

Die Teilnehmenden bewerten den Schutz ihrer Privatsphäre in digitalen Ökosystemen häufig anhand negativer Medienberichterstattung und der Glaubwürdigkeit der Anbieter. Persönliche Erfahrungen sowie die Transparenz und Verfügbarkeit von Einstellungsmöglichkeiten sind entscheidend, um das Vertrauen in den Datenschutz zu stärken.

Die öffentliche Wahrnehmung eines digitalen Ökosystems spielte eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung, wie die Teilnehmenden den Schutz ihrer Privatsphäre in dessen Nutzung einschätzen. Häufig wurde auf überwiegend negative Medienberichterstattung hingewiesen. Auch die wahrgenommene Glaubwürdigkeit eines Anbieters, oft anhand seiner Größe oder seines Standorts gemessen, war entscheidend für die Einschätzung. Insbesondere deutsche Unternehmen wurden im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre ihrer Nutzer als besonders vertrauenswürdig wahrgenommen.

Vier Teilnehmende äußerten, dass sie die Privatsphäre in einem digitalen Ökosystem am besten anhand ihrer eigenen Erfahrungen bewerten können. Dazu zählten sie beispielsweise die Häufigkeit personalisierter Werbung. Auch die Menge der abgefragten Daten wurde als Kriterium angeführt. Wenn nur die unbedingt erforderlichen Daten erfragt wurden, schlossen sie darauf, dass ihre Privatsphäre gut geschützt sei. Bei elf Teilnehmenden spielten Informationen über Datenschutz und vorhandene Einstellungsmöglichkeiten eine Rolle. Allerdings wurde auch hier bemängelt, dass die Informationen in Datenschutzerklärungen oft unverständlich und zu umfangreich sind, um praktisch umgesetzt zu werden. Einstellmöglichkeiten könnten wiederum darauf untersucht werden, ob sie das Kontrollieren der Datenpreisgabe erlauben. Neun Teilnehmende äußerten, dass sie keine zuverlässige Möglichkeit sehen, den Schutz ihrer Privatsphäre in einem digitalen Ökosystem zu bewerten. Sie verwiesen darauf, dass die von der Plattform bereitgestellten Informationen über den Umgang mit Daten möglicherweise nicht der Wahrheit entsprechen, was es für die Nutzenden erschwert, die tatsächliche Einhaltung des Privatsphäreschutzes zu überprüfen.

Trotz dieser negativen Eindrücke gaben die Teilnehmenden häufig an, solche digitalen Ökosysteme dennoch zu nutzen und die damit verbundenen Risiken für ihre Privatsphäre in Kauf zu nehmen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beurteilung des Privatsphäreschutzes in einem digitalen Ökosystem oft im Zusammenhang mit bekannt gewordenen Fällen von Datenmissbrauch steht. Informationen über die Transparenz, die meist nur in den schriftlichen Datenschutzerklärungen bereitgestellt werden, scheinen kein gängiges Mittel zur Bewertung des Privatsphäreschutzes in digitalen Ökosystemen zu sein. Vielmehr scheinen praktische Optionen wie die Einstellungsmöglichkeiten zur Sichtbarkeit oder Verwendung personenbezogener Daten ein nützlicherer Ansatz zur Einschätzung des Datenumgangs eines digitalen Ökosystems zu sein.

Verbesserung des Privatsphäreschutzes

Die Befragten sind mit dem aktuellen Datenschutz in digitalen Ökosystemen unzufrieden und fordern einige grundlegende Änderungen in der Datenverarbeitung. Viele Teilnehmende wünschen sich zudem mehr Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten und eine klare Kommunikation über die Datennutzung, um ihre Einwilligung informiert abgeben zu können.

Die Ergebnisse der Interviews deuten darauf hin, dass die Befragten mit der gegenwärtigen Ausgestaltung des Datenschutzes in digitalen Ökosystemen unzufrieden sind. Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen für den Privatsphäreschutz sahen jedoch 14 Befragte keinen weiteren Handlungsbedarf. Eine Gruppe von zehn Befragten verlangte hingegen grundlegende Veränderungen bei der Datenverarbeitung durch digitale Ökosysteme. Sie äußerten den Wunsch, weniger Daten angeben zu müssen, um das Ökosystem nutzen zu können, oder die Weitergabe ihrer Daten an Dritte vollständig zu unterbinden. Eine andere Gruppe von zwölf Befragten forderte mehr Kontrolle darüber, wie ihre Daten durch digitale Ökosysteme verwendet werden, insbesondere in Bezug auf die Entscheidung über die Weitergabe ihrer Daten sowie deren Verwendung im Rahmen personalisierter Inhalte.

Zusätzlich zu solchen detaillierten Einstellungsmöglichkeiten wünschten sich einige Teilnehmende, grundsätzlich um ihre Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten gebeten zu werden. Dies wurde häufig mit dem Wunsch verknüpft, einfach und klar über die Datenverwendung informiert zu werden. Die Teilnehmenden baten darum, zu Beginn der Nutzung eines digitalen Ökosystems explizit über die Verwendung ihrer Daten informiert zu werden oder um ihre Zustimmung zur Datennutzung gefragt zu werden. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bereits umfassende Informationspflichten vor der Datenverarbeitung vorsieht, unabhängig davon, ob eine Einwilligung benötigt wird. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die aktuellen Strategien zur Information und Interventionsmöglichkeiten in digitalen Ökosystemen nicht adäquat umgesetzt sind.


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